Strukturierte Liquidationspräferenzen als Alternative zu Downrounds

Das zuletzt günstige Zinsumfeld führte zu vollgepumpten Venture Capital Fonds mit Anlagedruck. Je erfolgreicher das Fundraising der VC Fonds, desto größer ist die Konkurrenz um investitionsfähige Start-ups. Die unmittelbare Folge ist, dass die aktuelle Bewertung einiger junger Unternehmen schlicht nicht nachhaltig durchsetzbar ist. Der Boom scheint erstmal vorbei zu sein. Investoren werden selektiver. Hohe Wachstumsraten bei ebenfalls hoher burn rate werden kritisch gesehen; Nachhaltigkeit und solide run rate waren früher langweilig und sind gefragt. Wer nicht gerade im Bereich KI unterwegs ist, sieht sich jetzt mit der Gefahr einer Downround konfrontiert. Es gibt Alternativen, diese aber sind mit Vorsicht zu genießen.

Als Downround bezeichnet man eine Finanzierungsrunde (regelmäßig in Form einer Kapitalerhöhung) auf Basis einer niedrigeren Bewertung als die vorherige bzw. letzte relevante Finanzierungsrunde. Nicht nur aus Image-Erwägungen sind Gründer gehalten, Downrounds zu vermeiden. Sie können außerdem regelmäßig verschiedene sog. Downward-Protection Mechanismen auslösen, die in den Verträgen angelegt sind und zu einer weiteren Verwässerung der Gesellschafter zugunsten einzelner Investoren führen.

Strukturierte Liquidationspräferenzen als Alternative zur Downround

Wir beobachten, dass das aktuelle Umfeld in Bezug auf kapitalbedürftige Start-ups generell folgende Effekte auf die Vertragsdokumentation bei Finanzierungsrunden hat (Investment & Shareholders‘ Agreement, Satzung):

  • Investoren schärfen Klauseln rund um die sog. Downward Protection nach, und
  • die Verhandlungen fokussieren sich noch mehr auf Regelungen zur Liquidationspräferenz zugunsten der Geldgeber.

Gerade letzteres erscheint immer mehr als Alternative zu einer Downround. Investoren sind grundsätzlich bereit, zu einer höheren Bewertung zu investieren, wenn sie im Gegenzug im Rahmen der Liquidationspräferenzen bevorzugt werden. Hier wollen sie nicht nur ihre Downside limitieren, sondern auch überproportional an der Upside eines erfolgreichen Exits partizipieren.

Allerdings dürfen hierbei auch die bestehenden Gesellschafter nicht aus dem Blick geraten. Die Benachteiligung bestehender Gesellschafter durch eine strukturierte Liquidationspräferenz darf nicht (deutlich) größer sein, als durch die ansonsten drohende Downround. Anderenfalls werden sie den Deal nicht ohne weiteres akzeptieren. Diese Kompromissfindung erfordert eine maßgeschneiderte und manchmal kreative Regelung der Liquidationspräferenz, die das Verhandlungsergebnis der Parteien transparent widerspiegelt.

Mit den gängigen Varianten der Liquidationspräferenz sind die meisten Gründer und Investoren vertraut. Einfache oder mehrfache Liquidationspräferenzen, jeweils anrechenbar oder nicht anrechenbar, sind heute gängige Standards der Beteiligungsdokumentation. Etwas seltener aber durchaus nicht unbeliebt sind Liquidationspräferenzen, die sich nach definierten Parametern dynamisch an der jeweiligen Exit-Bewertung orientieren. Sie sind also eher „fließend“. In der Praxis ist der Strukturierungsmöglichkeit von Liquidationspräferenzen jedoch keine Grenzen gesetzt.

Die verschiedenen Varianten der Liquidationspräferenzen lassen sich durchaus auch beliebig kombinieren und ergänzen. Vertragstechnisch sollten unter anderem folgende Instrumente in Betracht gezogen werden:

  • Einzelne bestehende Gesellschafter können von einer Liquidationspräferenz zugunsten der Investoren mehr belastet werden als andere (Bsp.: Gründer geben ihre Liquidationspräferenz überproportional im Verhältnis zu anderen Gesellschaftern auf).
  • Dynamische Liquidationspräferenzen können mit einem Floor und einem Cap versehen werden. Der Floor schützt die Downside der Investoren, während der Cap deren Upside und damit Belastung der übrigen Gesellschafter limitiert.
  • Regelungen können regelmäßig mit einer Frist versehen werden, sodass sich die Bevorteilung von Investoren mit Zeitablauf relativiert.
  • Regelungen können auch von der Erreichung von Meilenstein abhängig gemacht werden. Das bietet sich in Fällen an, in denen ein Investor sich von der vorgeschlagenen Bewertung überzeugen lässt, wenn bestimmte KPIs erfüllt werden.

Founders Beware!

Strukturierte Liquidationspräferenzen bergen allerdings auch Risiken. Bei aller Komplexität ist wichtig, dass die Regelung transparent und hinreichend klar ist. Alles andere führt zu Missverständnissen und Diskussionen, die insbesondere kurz vor dem Exit den Verkaufsprozess belasten und verzögern werden.

Zu bedenken ist auch, dass nicht alle Gesellschafter die Verhandlungen so detailliert verfolgen, wie die das Deal-Team und der Lead-Investor der Runde. Gleichwohl müssen alle Gesellschafter die neuen Regelungen verstehen und akzeptieren. Je komplexer die Regelung, desto größer der Aufklärungsaufwand. Zu komplexe Regelungen führen fast immer unmittelbar zur Unzufriedenheit. Insbesondere Beispielsrechnungen und Veranschaulichungen können hier helfen.

Darüber hinaus werden zukünftige Investoren durch komplexe Regelungen zur Erlösverteilung abgeschreckt. Je simpler und transparenter die Regelung, desto eher fassen auch zukünftige Investoren Vertrauen in das bestehende Vertragswerk.

Fazit

Gründer sind gut beraten, eine realistische und nachhaltig durchsetzbare Unternehmensbewertung vorzunehmen, um die Gefahr einer zukünftigen Downround zu minimieren. Soll eine Downround um jeden Preis vermieden werden, können strukturierte Liquidationspräferenzen eine Alternative darstellen. Sie sind allerdings nicht erstes Mittel der Wahl. Höherer Verhandlungsaufwand, gesteigerte Komplexität und die abschreckende Wirkung auf zukünftige Investoren sind Argumente dagegen. Eine ausgewogene, transparente und verständliche Gestaltung der Finanzierungsdokumentation stärkt nachhaltig das Vertrauen der Investoren und erleichtert die Verhandlung und Umsetzung des Exits in der Zukunft.

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